Berger Törl/Glorer Hütte:
Hochalpiner Übergang von Kals nach Heiligenblut
Neben dem gängigen Begriff „Pass“ werden im alpinen Raum auch „Tor“, Törl“ oder „Joch“ für einen Übergang von einem Tal bzw. Ort zu einem anderen Tal bzw. Ort verwendet. Schon in früheren Zeiten dienten diese dem Handel mit wichtigen Gütern oder zum Aufsuchen von saftigen Almen in den Sommermonaten für die Viehwirtschaft. Wichtig war dabei, dass diese möglichst leicht – auch bei Schnee – erreich- und überschreitbar waren. Ein solcher hochalpiner Übergang ist das Berger Törl (2.642 m) mit der gern besuchten und einfach zu erreichenden Glorer Hütte (Abb. 1), das die Orte Kals am Großglockner in Osttirol mit Heiligenblut in Kärnten verbindet. Ausgangspunkt des nachfolgenden Wandertipps ist der große Parkplatz beim Lucknerhaus (1.918 m, Abb. 2) am Ende der Mautstraße, die von Kals hier heraufführt.
Der größte Teil der Bergwanderer – aber auch Spaziergänger – startet seine Wanderung vom Lucknerhaus – stets mit Blick zum Großglockner, dem mit 3.798 m höchsten Berg Österreichs – auf breitem Weg durch das Ködnitztal zur Lucknerhütte (2.241 m) und weiter auf gut begehbarem Steig zur Stüdlhütte (2.802 m), einem beliebten Ausgangspunkt für geführte Touren auf den Großglockner. Wir aber wählen den am südlichen Ende des Parkplatzes rechts neben der Nationalpark-Infostelle Hohe Tauern (Abb. 3) beginnenden Steig, auf dem wir kurz etwas steiler zu einer Weggabelung wandern. Dort biegen wir links auf einen Güterweg ab, der am Anfang mit schönem Blick hinab ins Ködnitztal und hinauf zum Großglockner (Abb. 4) und in weiterer Folge in Serpentinen stetig, aber nicht allzu steil aufwärts führt. Wir nähern uns einem Wasserfall des Bergerbachs, dessen Verlauf wir ab hier Richtung Nordosten die steilen Rasenhänge aufwärts folgen werden. Nach etwa 25–30 Minuten wandern wir mit schönem Blick Richtung Westen zum Figerhorn (2.743 m) vorbei an einer Almhütte (ca. 2.100 m, Abb. 5). Im offenen Gelände geht es nun mit weiteren Serpentinen der hoch über uns ragenden Mendelspitze (2.676 m, Abb. 6) entgegen. Nachdem wir bei einer Abzweigung zu einer weiteren, oberhalb von uns stehenden Almhütte vorbeigegangen sind, geht nach etwa 40–45 Minuten – nach Passieren eines der vielen Viehgatter unterwegs – die Güterstraße in einen stets breiten Steig über. Von hier blicken wir Richtung Osten (v.l.n.r.) zum Bösen Weibl (3.121 m), zum Tschadinhorn (3.017 m), zur Schönleitenspitze (2.809 m) und zu vielen weiteren Gipfeln der nördlichen Schobergruppe (Abb. 7).
In weiteren Serpentinen geht es hinauf zu einer Aussichtsbank und nach einer kurzen Hangquerung Richtung Osten mit einer Linkskurve zum Eingang in einen vom Bergerbach gebildeten breiten Talkessel (ca. 2.350 m, Abb. 8), den wir vom Ausgangspunkt nach ca. 1¼–1½ Stunden erreichen. Zwischen der Mendelspitze und der Glatzschnaid (2.910 m) links im Westen und dem felsigen Kasteneck (2.821 m, Abb. 9) rechts im Osten öffnet sich vor uns ein landschaftlich großartiger, breiter, Richtung Nordosten lang gezogener Wiesengraben, den wir nun an dessen linken Rand gemütlich ansteigend durchwandern. Dabei fallen immer wieder auf Metallstiften geschriebene, fortlaufende Zahlen (Abb. 10) auf. Die Erklärung ist ganz einfach: Der Weg vom Lucknerhaus zur Glorer Hütte ist Teil eines geomorphologischen Lehrpfades, mit dem die landschaftlichen Besonderheiten dieses alpinen Hochtales Groß und Klein nähergebracht werden sollen. In der Nationalpark-Infostelle beim Ausgangspunkt ist dazu ein naturkundlicher Führer erhältlich. Unser schöner Weg führt in diesem Bereich auch teilweise unterhalb der Materialseilbahn und immer wieder müssen schmale Bergbäche überschritten werden. Nach etwa 35–40 Minuten von unserem Einstieg in den Wiesengraben öffnet sich – erneut nach einer kurzen Hangquerung und einer Linkskurve (ca. 2.540 m) – der oberste Teil des Wiesengrabens: Links neben einem Geröllkar nähern wir uns einer letzten, kleinen Steilstufe, nach deren Bewältigung wir bereits die Glorer Hütte sehen (Abb. 11), die wir nach etwa 2¼–2½ Stunden, in denen wir etwas über 700 Hm bewältigt haben, erreichen.
Schon von hier hat man einen schönen Blick Richtung Nordosten z.B. zum Hohen Sonnblick (3.106 m) mit seinem Observatorium und dem im Süden vorgelagerten Gletscher. Wir empfehlen aber den kurzen Aufstieg auf die Erhebung (Abb. 12) halblinks von der Glorer Hütte. Von den vielen beim Berger Törl zusammenkommenden Wegen wählen wir den einzigen nicht markierten Steig, der mit Serpentinen in etwas über 10 Minuten zu einer Aussichtsbank (ca. 2.700 m) führt, von der man – noch eindrucksvoller – nicht nur Richtung Nordosten (Abb. 13) die großartige Bergwelt der Hohen Tauern im Bereich des Hohen Sonnblick bewundern kann, sondern auch – quasi als Highlight dieses Wandertipps – Richtung Nordwesten (Abb. 14) den Großglockner mit der links anschließenden Glocknerwand (3.721 m) sieht. Mit dem Fernglas ist auch die höchstgelegene Schutzhütte Österreichs, die Erzherzog-Johann-Hütte (3.454 m), die auf dem Felsen der Adlersruhe thront, wahrzunehmen. Richtung Norden (Abb. 15) liegen unter uns die ausgedehnten Rasenhänge, die sich zwischen der Glorer Hütte und der Salmhütte (2.644 m), die sich bereits in Kärnten befindet, erstrecken. Auch ein kleiner Bergsee (Abb. 16), den man ebenso leicht besuchen könnte, ist direkt unter unserer Erhebung, die gerne als „Glocknerblick“ bezeichnet wird, zu sehen. Beim Blick Richtung Nordosten kann man die vielen Kehren auf der Kärntner Seite der Großglockner-Hochalpenstraße gut erkennen.
Mit Blick zum sehr steilen Kasteneck (Abb. 17) geht es Richtung Osten in kaum mehr als 5 Minuten die Wiesenhänge abwärts zur Glorer Hütte (Abb. 18). Bei der Entscheidung, wie wir zum Ausgangspunkt zurückkehren sollen, muss man bedenken, dass die möglichen Varianten über das Kasteneck bzw. den Wiener Höhenweg über reichlich Blockwerk (Abb. 19) zum Peischlach Törl (2.484 m) als „schwarz“, also schwierig, einzustufen sind. Auch der rechts Richtung Westen beginnende alternative Abstiegsweg vorbei an der Mendelspitze zur Lucknerhütte erfordert Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und alpine Erfahrung (ebenfalls schwarz!). Daher wählen wir für unseren Abstieg erneut den technisch einfachen Aufstiegsweg. Mit Blick den Wiesengraben (Abb. 20) talauswärts geht es in etwa 30 Minuten zur Rechtskurve, bei der wir den Graben wieder verlassen. Stets mit schöner Aussicht hinab zum Kalsertal (Abb. 21), links zur Schobergruppe und rechts zum Figerhorn (Abb. 22), dessen Gestein bei Sonnenbestrahlung die für die Glocknergruppe typische Schwarz-Kristall-Färbung annimmt, gehen wir in Serpentinen zuerst weiter zur Einmündung unseres Steiges in den Güterweg und anschließend zur unteren Almhütte. Auf dem letzten Teil unseres Rückweges und direkt beim Ausgangspunkt genießen wir nochmals den Traumblick zum Großglockner und zur Glocknerwand (Abb. 23). Nach etwa 1¼–1½ Stunden von der Glorer Hütte stehen wir dann wieder beim Lucknerhaus.
Geogr. Länge/Breite: 12°41'21''/47°01'20''
Rechtswert (UTM): 324415 m (Zone: 33 N)
Hochwert (UTM): 5210205 m (Zone: 33 N)